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Die Tauwasserbildung an den Grenzschichten in den Wandkonstruktion

Wichtig für ein dauerhaftes trockenes Mauerwerk ist der ungestörte Feuchtehaushalt einer Wand. Die Verdunstung ist jener Mechanismus, welcher der Wasseraufnahme entgegenwirkt. Kapillar brechende und verdunstungsoffene Wandflächen verhindern im Wesentlichen eine zu starke Durchfeuchtung. Für eine optimale Funktionsfähigkeit der gekoppelten Wärme- und Feuchtetransportprozesse sind äußere und innere Sperrschichten zu vermeiden.

Anders als die Dampfbremsen und die Beschichtung auf den Wandoberflächen mit einem großen Wasserdampfdiffusionswiderstand µ treten Grenzschichten zwischen zwei verschiedenen Baustoffen auf, wie zum Beispiel zwischen dem Ziegelstein und dem Kalkputz.
Untersuchungen der Transportvorgänge zeigen, dass der kapillare Feuchtetransport über die Schichtgrenze, Putz und Mauerwerk, behindert wird. KRUS, KÜNZEL, KIEßL vermuten, "dass die Poren des Mauersteins in einer schmalen Schichtgrenze durch Kristallbildung von Salzen aus dem Putz verstopfen." [1] Dabei handelt es sich um eine Widerstandsschicht von 1 mm, der abhängig von der Materialkombination ist. Diese verringert den Flüssigtransportkoeffizienten um einen Faktor von 200 bis 2000. Werden bei einer Altbausanierung die Putzschichten durch andere Baustoffe ausgetauscht, die zum Teil auch noch durch Haftbrücken oder Aufbrennsperren zum Zweck der besseren Verarbeitung ergänzt werden, so hat dies mit großer Sicherheit einen ungünstigen Einfluss auf den Flüssigtransport an dieser Schichtgrenze. Auch wenn dieser Einfluss im ersten Augenblick geringer sein wird, so dürfte dies langfristig zur Feuchteerhöhung im Wandquerschnitt führen.

Haftbrücken dringen in die Putzoberfläche und verfestigen die Oberfläche dagegen erhalten Steinoberflächen durch Aufbrennsperren ein gleichmäßiges Saugvermögen, das heißt, das Wasser von dem frischen Putz wird nicht mehr so schnell in den Mauerquerschnitt gesaugt. In beiden Fällen wird die Oberflächenstruktur des mineralischen Baustoffs verändert und der Flüssigtransportkoeffizienten dürfte sich erhöhen. Inwieweit sich hier Sperrschichten aufbauen oder noch tolerierbare Größen vorliegen, müsste genauer untersucht werden.

Diese nachträglich auf die Oberfläche aufgetragen chemischen Verbindungen dürfen nicht mit Zuschlagstoffen gleichgestellt werden, die bei der Herstellung von Baustoffen zu Einsatz kommen. Wie zum Beispiel die Zugabe von feindispersen Siliciumoxidstäuben für die Herstellung hochfester Beton für Sonderkonstruktionen mit Festigkeiten von 60 bis 70 MPa nach 56 Tagen. [4] In diesem Fall wird bewusst eine Veränderung der stofflichen Eigenschaften auch durch physikalisch-chemische Einflüsse vorgenommen.

Beispiel 1: für eine Sperrschicht aus Zementputz

Bild 1: Feuchte frei stehende Ziegelmauer

Bei dieser frei stehenden Ziegelmauer (Bild 1) auf der Insel Djerba in Tunesien verhindert der Zementputz (Portlandzement) das Abtrocknen der Feuchtigkeit. Es ist anzunehmen, dass hier eine aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Boden vorliegt. Der Sandboden ist bis auf wenige Regenschauer im Winter immer trocken. Die obersten Wasserschichten im Erdreich sind viele Meter tief. Durch die Nähe des Meeres ist die Luft salzhaltig und damit auch das Spritzwasser des Niederschlages. Aber der vorwiegende Feuchteeinfluss erfolgt durch die morgendliche Kondenswasserbildung. Das Mikroklima der Pflanzen neben der Mauer sorgt für eine längere Feuchtigkeit an der Oberfläche.

Die Salze diffundieren durch den Putz bzw. lagern sich an der Putzoberfläche ab und bilden eine Sperrschicht für die Verdunstung. Die Feuchtigkeitszone verlagert sich durch die hydroskopische Wirkung der Salze nach oben. Es ist anzunehmen, dass der Lehm der 12 Kammerziegelsteine ebenso etwas Salz beinhaltet. Durch die längere Feuchtebelastung werden die Salze aus dem Ziegel herausgelöst (Bild 2) und verstärken den Effekt, welche bis zur vollständigen Zerstörung des Ziegelsteins durch den Hydrationsdruck der Mauersalze führt.

Bild 2: Zerstörte Ziegelsteine durch Hydrationsdruck

Mauerabschnitt, welche durch die Sonnen beschienen werden, ist diese Sperrschicht nicht bzw. nur sehr schwach erkennbar. Eine Materialzerstörung findet auch nicht statt.

Diese Schäden konnten nur an sehr wenigen sehr alten Wohngebäuden festgestellt werden, wie z. B. im folgenden Bild 3 in Ajim unmittelbar am Meer. Dies liegt daran, dass die Gebäude auf ein Fundament aus Natursteinen errichtet werden und so ausreichend hoch über der Geländeoberfläche stehen.

Bild 3: Feuchtes Mauerwerk in Ajim (Djerba)

Beispiel 2: für eine Sperrschicht aus Zementputz

Typisches Erscheinung (Bild 4) der Feuchtigkeitsbelastung m Sockelbereich eines Gründerzeithauses in Leipzig. Durch die Sperrschicht im Sockel wird die Verdunstungsfläche immer weiter nach oben verschoben.

Bild 4: Feuchter Sockel eine Gründerzeithauses

Sorptionsvermögen der Wandoberfläche

Im Winter ist die absolute Feuchtigkeit der kalten Außenluft geringer, daher sind der Wärme- und der Dampfstrom nach außen gerichtet.[2,3] "In Baustoffen mit freiem Wasser in den Poren kann dabei der Wasserdampfdiffusionsstrom ins Freie erheblich größer sein als die pro Zeiteinheit an der Innenwandoberfläche absorbierten Wassermengen." Der Wasserdampfdiffusionsprozess entzieht so den Schimmelpilzen das für das Wachstum erforderliche freie Wasser. "Die publizierten Ergebnisse der Laboruntersuchungen widerlegen nicht die Annahme, dass Schimmelpilzbildung auf der raumseitigen Oberfläche der Außenbauteile von Wohnungen in erster Linie von Tauwasserniederschäden herrührt. Ob Wasser aus einem Sorptionsvorgang für das Wachstum von Schimmelpilzen auf Bauteiloberflächen verantwortlich sein kann, ist ungeklärt." Es gibt bisher keine Angaben, ob sich die Laborergebnisse auf die realen Verhältnisse in Wohnungen übertragen lassen.[10] Zusammenfassend kann hier gesagt werden, neben der niedrigen Temperatur an der Wandoberfläche spielt auch das Sorptionsvermögen der Wandoberfläche eine Rolle bei der möglichen Schimmelpilzbildung.

Feuchtigkeitszunahme durch Sperrschichten

So zeigt eine Auswertung von über 4000 Deckenbalkenköpfe, dass bei einer durchschnittlichen Feuchteerhöhung des Holzes der Deckenbalkenköpfe um circa 1,4 % auf 11,1 % die durchschnittliche Schadenshäufigkeit am Auflager der Holzbalken von 20,7 % auf 25 % ansteigt.

Schlussfolgert man daraus, so ist es durchaus möglich, dass zusätzlichen Beschichtungen auf der Wandoberfläche, wie z. B. Haftbrücken oder Aufbrennsprerren, die Sorptionseigenschaften der dünnen Oberfläche der Innenwand feuchtetechnisch ungünstig verändern. Haftbrücken werden zum Beispiel aufgebracht, um eine bessere Haftung von Malerspachtel auf älteren Putzen herzustellen. Es ist durch aus denkbar, dass hier die Bildung von Schimmelpilzen unter Berücksichtigung weitere Einflussfaktoren begünstigt wird. Z. B. bei Latexfarben ist das der Fall. Das Aufbringen von Haftbrücke dient zur Qualitätsverbesserung aber andererseits wirkt sich dies ungünstig auf das Raumklima aus. Hierzu müssten genauere Untersuchungen erfolgen.

Grenzschicht zwischen Mauerstein und Kalkputz durch SalzablagerungBild 5: Salzbelastung eines Kalkputzes, 1 =Salzablagerung auf der Putzoberfläche, 2 = Grenzschicht mit sperrender Wirkung zwischen Mauersteinen und Kalkputz

Ist das Mauerwerk auch noch durch schädliche Salze belastet, so wird nicht nur entscheidend die Funktionsfähigkeit der Verdunstungsoberfläche beeinflusst, sondern es entsteht auch eine Sperrschicht durch die Salze an der genannten Grenzschicht zwischen Mauerwerk und Putz, siehe Bild 5.

Typisch sind Sperrputze auf Zementbasis, wo sich zwischen Putz und Mauerwerk umfangreiche Salzablagerungen auftreten und die Feuchtigkeit neue Verdunstungsflächen an andern Bauteiloberflächen sucht. Bei Maßnahmen zur Trockenlegung müssen daher diese Zementputze entfernt werden, da sonst ein großer Teil der Feuchtigkeit mit den gelösten Salzen im Mauerwerk verbleibt. In den Bildern 6 und 7 ist diese Salzbelastung gut erkennbar.

Bild 6: Salze im Ziegelmauerwerk im Sockel
Bild 7: Salze im Ziegelmauerwerk im Sockel

Für offenporige Konstruktionen ist ein niedriger µ-Wert vorteilhaft, zum Beispiel für Mauerwerk etwa µ = 8, da die Entfeuchtung ungehindert und schnell ablaufen kann. Durch die Salzablagerung wird aber dieser Wert wesentlich erhöht und kann sich in Richtung µ = 100 bewegen. Die Diffusion (Austausch von Wasserdampf- und Luftmolekülen) wird an dieser Wandoberfläche (Grenzschicht) sehr stark behindert.

Damit die Feuchtetransporte im Wandquerschnitt möglichst wenig behindert werden, müssen nachfolgende Bedingungen erfüllt werden.

  1. An der Steinoberfläche und wenn Putz vorhanden ist, an der Grenzschicht zwischen Mauerstein und Putz und Putzoberfläche dürfen sich keine Salze ablagern, da sie die Poren verstopfen.
  2. Salze müssen von der Grenzschicht weggeführt werden. Dabei dürfen an einer anderen Stelle keine neuen Sperrschichten entstehen. Geeignet sind hier Putze mit großem Porenvolumen und unterschiedlicher Struktur, sodass bei Feuchtigkeitsschwankungen bei höherer Feuchte Salzdeponien aufgelöst und verlagert werden.
  3. Am wirkungsvollsten ist der kapillare Feuchtigkeitstransport. Er sollte möglichst durch den gesamten Putzquerschnitt reichen.
    Auch bei WTA-Sanierputzen dringt die Feuchte nur ca. 5 mm kapillar ein. Die restlichen 15 mm der 2 cm Putzstärke muss die Feuchtigkeit per Diffusion überwinden. Je stärker der Putz ist, so größer wird der Diffusionswiderstand und die Austrocknungsleistung verringert sich.
  4. Die Bindemittel der Putze müssen eine hohe Salzresistenz aufweisen, um eine möglichst lange Standzeit zu gewährleisten.

Gegenwärtig bietet der spezielle Putz Aerodurit die günstigsten Eigenschaften.

Literatur:
[1] Krus, Martin; Künzel, Hartwig M.; Kießl, Kurz; Feuchtetransportvorgänge in Stein und Mauerwerk -Messung und Berechnung, 1996, IRB Verlag S. 70
[2] Eichler, Friedrich ; Arndt, Horst; Bautechnischer Wärme- und Feuchtigkeitsschutz, 1989, Bauverlag Berlin, S. 92-102
[3] Arendt, Claus; Seele, Jörg; Feuchte und Salze in Gebäude, Verlagsanstalt Alexander Koch; 2000, S. 12-16, 51
[4]Schlüßler, Karl-Heinz; u. a.; Der Baustoff Beton, Verlag für Bauwesen 1990, S. 12


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